Die Zahl der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen steigt seit Jahren. Besonders stark betroffen: Beschäftigte des Gesundheitswesens und der öffentlichen Verwaltung. Doch noch immer wissen zu wenige Führungskräfte, wie sie mit psychischen Erkrankungen in ihrem Team umgehen sollen.
Auf Warnzeichen achten und psychische Nöte erkennen
Um erkrankte Beschäftigte angemessen zu unterstützen, sollten Führungskräfte eine psychische Erkrankung erkennen können. Insbesondere Wesensänderungen und untypisches Verhalten sind wichtige Warnsignale. Dazu gehören plötzliche Unzuverlässigkeit, häufiges Fehlen, geringere Interaktion im Team sowie übersteigerte Reaktionen wie Nervosität, Aggressivität oder Weinen.
Dabei ist es wichtig, Warnzeichen möglichst früh richtig einzuordnen. Dr. Marlen Cosmar, Psychologin am Institut für Arbeit und Gesundheit sagt: "Eine möglichst frühe Unterstützung und Behandlung beugt einer Chronifizierung psychischer Erkrankungen vor."
Psychische Erkrankung am Arbeitsplatz behutsam ansprechen
Wenn der Verdacht auf eine psychische Erkrankung besteht, sollten Führungskräfte die betroffene Person sensibel darauf ansprechen. Das Gespräch aktiv zu suchen, ist wichtig, um Tabus zu brechen und Beschäftigten zu signalisieren: Ihr seid nicht allein. Gleichzeitig dürfen Führungskräfte weder Diagnosen stellen noch dazu drängen, Auskunft über den Gesundheitszustand zu geben.
Hilfsangebote für psychisch Erkrankte vermitteln
Führungskräfte unterstützen psychisch Erkrankte am besten, indem sie Hilfsangebote vermitteln. Im Unternehmen selbst sind der betriebsärztliche Dienst, die Betriebliche Soziale Arbeit oder das betriebliche Eingliederungsmanagement gute Anlaufstellen. Ein innovatives Versorgungsmodell hat die Stadt Köln. Dank einer Kooperation mit der städtischen Uniklinik werden psychisch erkrankte Beschäftigte umfassend versorgt.
CHECKLISTE
Psychische Beeinträchtigungen erkennen:
Viele psychische Erkrankungen äußern sich auch durch Verhaltensänderungen am Arbeitsplatz.
Dazu kann gehören:
→ Häufige Verspätungen, Unzuverlässigkeit oder unentschuldigtes Fehlen
→ Arbeitsaufgaben dauern länger als gewöhnlich oder werden gar nicht erledigt
→ Auffällige Leistungsminderung
→ Untypisches häufiges Nachfragen oder übertriebene Kontrolle der eigenen Aufgaben
→ Erhöhte Fehlerquote
→ Rückzug aus sozialer Interaktion im Team
→ Gereiztheit, übersteigerte Reaktionen, zum Beispiel Weinen oder Lautwerden
→ Andauernde Traurigkeit
→ Extreme Anspannung
→ Ungepflegte Erscheinung
Wichtig:
Bemerken Führungskräfte eines oder mehrere dieser Warnzeichen, sollten sie die Person sensibel darauf ansprechen („Mir ist aufgefallen, dass ...“) und auf interne und externe Hilfsangebote hinweisen.
GUT ZU WISSEN
Mögliche Maßnahmen und Ansprechpersonen bei psychischen Erkrankungen
→ Führungskräfte schulen:
Grundwissen zu Symptomen, Gesprächsführung sowie zu betrieblichen Hilfsangeboten vermitteln
→ Mitarbeitenden-Unterstützungsteam (MUT):
Meist von Psychologinnen und Psychologen geleitet, kann es als zentrale, interne
Beratungsstelle etabliert werden
→ Psychologische Erstbetreuende:
unterstützen Kolleginnen und Kollegen direkt nach einem belastenden Ereignis bei der Arbeit
→ Psychotherapeutenverfahren der gesetzlichen Unfallversicherung:
unterstützt nach einem berufsbezogenen traumatischen Ereignis; Ziel ist die schnelle
Vermittlung einer psychotherapeutischen Therapie
→ Betriebsärztin/Betriebsarzt:
berät Arbeitgebende bei Erkrankungen der Beschäftigten und Maßnahmen zur Prävention und zur Wiedereingliederung
→ Employee Assistance Program (EAP):
externe, vertrauliche Mitarbeitendenberatung;
Wichtig: keine Therapie, sondern erste, meist telefonische Anlaufstelle, etwa bei beginnenden psychischen Auffälligkeiten
→ Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM):
Instrument, um Beschäftigte nach mindestens sechswöchiger Erkrankung
wieder in den Berufsalltag zu integrieren und unterstützende Maßnahmen einzuleiten